„Why bother?“ – „Warum sich die Mühe machen?“ – diese Frage stellt Wendy Jacobsen, renommierte amerikanische Psychiaterin und Psychoanalytikerin, im Rahmen eine Abschlussfeier. Die Antwort, die sie gibt, spiegelt auch gut mein eigenes Therapieverständnis wider. Hier ein Ausschnitt der Rede (unten in meiner deutschen Übersetzung):

„This is what we make conscious – the patterns that disable and limit people – the ones that give ulcers either to the individuals themselves or to recipients in their orbit. We understand these patterns and with painstaking effort help the afflicted come to understand them in themselves and others. We help them respond strategically instead of reacting impulsively or holding back endlessly. We help people separate the wheat from the chaff, see the forest through the trees, find the leading edge, sort through competing priorities, and make rightful claims and necessary renunciations. We help them develop an ethical flexibility of mind and attitude, knowing when to be a stickler and when to give a wink and a nod, when to finesse a situation and when to play strictly by the rules, when to speak up and when to suck it up. We help people navigate power dynamics, make adaptive distinctions and discriminations, and pick their battles. A psychoanalytic “read” can “pull” for good outcomes and help avoid blunders or traps. We help tame our baser instincts and harness optimal aggression, assertion, competition, intimacy, and sexuality instead of ending up mired in destructive, cut-throat aggression, impotent rage, or dehumanizing sexuality. We help people be patient or impatient as circumstances dictate, suffer appropriately but not excessively, and rejoice to the utmost when warranted. We help people grow, change, integrate, modulate, decrease self-absorption, regard themselves accurately, take themselves seriously but not too seriously, free up emotional energy in the service of creativity and mastery—in short, become their best selves. The reverberations go well beyond the individual, fostering richer and fuller family life, as well as functional and productive organizations, all with enormous ripple effect. Our work can help break the kinds of destructive cycles which, if left untreated, keep echoing through the generations.“

Wendy Jacobson (2009) „Why Bother? A Psychoanalytic Graduation Speech“ (2009), in: „The American Psychoanalyst“, Vol. 43/1, 14-16.


„Das ist es, was wir bewusst machen – die Muster, die Menschen behindern und einschränken – diejenigen, die Geschwüre verursachen, entweder bei den Individuen selbst oder bei Menschen in ihrem Umfeld. Wir verstehen diese Muster und helfen den Betroffenen mit viel Mühe, sie bei sich selbst und anderen zu verstehen. Wir helfen ihnen, strategisch zu reagieren, anstatt impulsiv zu reagieren oder sich endlos zurückzuhalten. Wir helfen Menschen, die Spreu vom Weizen zu trennen, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen, den entscheidenden Vorsprung zu finden, konkurrierende Ziele in Einklang zu bringen, und sowohl berechtigte Ansprüche zu stellen als auch notwendigen Verzicht zu akzeptieren. Wir helfen ihnen dabei, eine innere Flexibilität zu entwickeln und zu wissen, wann sie strikt auf etwas beharren und wann sie großzügig darüber hinwegblicken sollen, wann sie eine Situation flexibel und mit viel Feingefühl angehen und wann sie sich strikt an die Regeln halten müssen, wann sie sich lautstark äußern und wann Schweigen Gold ist. Wir helfen Menschen, sich in durch Abhängigkeitsverhältnisse geprägten Situationen zurechtzufinden, fallbezogenen Unterscheidungen zu treffen und zu überlegen, wann sich das Streiten lohnt. Ein psychoanalytisches Verständnis kann zu guten Ergebnissen führen und dabei helfen, Fehler oder Fallen zu vermeiden. Wir helfen dabei, unsere niederen Instinkte zu zähmen und Aggression, Durchsetzungsvermögen, Konkurrenz, Intimität und Sexualität optimal zu nutzen, anstatt in destruktiver, halsbrecherischer Wut, ohnmächtigem Hass oder entmenschlichender Sexualität zu versinken. Wir helfen Menschen, geduldig oder ungeduldig zu sein, je nachdem, wie es die Umstände erfordern, angemessen – aber nicht übermäßig – zu leiden und sich, wenn es gerechtfertigt ist, auch bis zum Äußersten zu freuen. Wir helfen Menschen zu wachsen, sich zu verändern, zu integrieren, zu modulieren, die Selbstbezogenheit zu verringern, sich selbst richtig einzuschätzen, sich selbst ernst, aber nicht zu ernst zu nehmen, emotionale Energie im Dienste der Kreativität und Selbstermächtigung freizusetzen – kurz gesagt, ihr bestes Selbst zu werden. Die Auswirkungen gehen weit über den Einzelnen hinaus und fördern ein reicheres und erfüllteres Familienleben sowie funktionale und produktive Organisationen, alles mit enormer Wirkung. Unsere Arbeit kann dazu beitragen, zerstörerische Zyklen zu durchbrechen, die, wenn sie nicht behandelt werden, über Generationen hinweg nachwirken.““Das ist es, was wir bewusst machen – die Muster, die Menschen behindern und einschränken – diejenigen, die Geschwüre verursachen, entweder bei den Individuen selbst oder bei Menschen in ihrem Umfeld. Wir verstehen diese Muster und helfen den Betroffenen mit viel Mühe, sie bei sich selbst und anderen zu verstehen. Wir helfen ihnen, strategisch zu reagieren, anstatt impulsiv zu reagieren oder sich endlos zurückzuhalten. Wir helfen Menschen, die Spreu vom Weizen zu trennen, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen, den entscheidenden Vorsprung zu finden, konkurrierende Ziele in Einklang zu bringen, und sowohl berechtigte Ansprüche zu stellen als auch notwendigen Verzicht zu akzeptieren. Wir helfen ihnen dabei, eine innere Flexibilität zu entwickeln und zu wissen, wann sie strikt auf etwas beharren und wann sie großzügig darüber hinwegblicken sollen, wann sie eine Situation flexibel und mit viel Feingefühl angehen und wann sie sich strikt an die Regeln halten müssen, wann sie sich lautstark äußern und wann Schweigen Gold ist. Wir helfen Menschen, sich in durch Abhängigkeitsverhältnisse geprägten Situationen zurechtzufinden, fallbezogenen Unterscheidungen zu treffen und zu überlegen, wann sich das Streiten lohnt. Ein psychoanalytisches Verständnis kann zu guten Ergebnissen führen und dabei helfen, Fehler oder Fallen zu vermeiden. Wir helfen dabei, unsere niederen Instinkte zu zähmen und Aggression, Durchsetzungsvermögen, Konkurrenz, Intimität und Sexualität optimal zu nutzen, anstatt in destruktiver, halsbrecherischer Wut, ohnmächtigem Hass oder entmenschlichender Sexualität zu versinken. Wir helfen Menschen, geduldig oder ungeduldig zu sein, je nachdem, wie es die Umstände erfordern, angemessen – aber nicht übermäßig – zu leiden und sich, wenn es gerechtfertigt ist, auch bis zum Äußersten zu freuen. Wir helfen Menschen zu wachsen, sich zu verändern, zu integrieren, zu modulieren, die Selbstbezogenheit zu verringern, sich selbst richtig einzuschätzen, sich selbst ernst, aber nicht zu ernst zu nehmen, emotionale Energie im Dienste der Kreativität und Selbstermächtigung freizusetzen – kurz gesagt, ihr bestes Selbst zu werden. Die Auswirkungen gehen weit über den Einzelnen hinaus und fördern ein reicheres und erfüllteres Familienleben sowie funktionale und produktive Organisationen, alles mit enormer Wirkung. Unsere Arbeit kann dazu beitragen, zerstörerische Zyklen zu durchbrechen, die, wenn sie nicht behandelt werden, über Generationen hinweg nachwirken.

Wendy Jacobson (2009) „Why Bother? A Psychoanalytic Graduation Speech“ (2009), in: „The American Psychoanalyst“, Vol. 43/1, 14-16.